Elternarbeit per App: Wartezeitüberbrückung in der Logopädie
Die Wartezeit auf einen Logopädieplatz in Deutschland ist lang – und für Familien oft eine enorme Belastung. Eltern fühlen sich in dieser Zeit allein gelassen, da gerade jetzt entscheidende Monate für die Sprachentwicklung ihres Kindes verstreichen. Als ich frisch aus der Ausbildung kam, hat es mir in der Praxis vor dieser Sache gegraut: Patient:innen auf die Warteliste zu setzen. Für mich war und ist es schwer auszuhalten, die Frustration in der Stimme zu hören. Deswegen begann ich, mich mit Möglichkeiten der Wartezeitüberbrückung auseinanderzusetzen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Elternarbeit in der Therapie und vor Beginn der Therapie eine große Chance ist.
Nutzen für logopädische Praxen
Als Elternarbeit wird das stärkere Einbeziehen der Erziehungsberechtigten in die Therapie bezeichnet. Logopädische Praxen können durch Elternarbeit insofern entlastet werden, dass Eltern die Sprachentwicklung durch sprachförderliches Verhalten im Alltag positiv unterstützen. Dazu gibt das stärkere Einbeziehen der Eltern in die Therapie ihnen das Wissen dafür, Übungen korrekt im häuslichen Umfeld durchzuführen. Im besten Fall können Kinder früher aus der therapeutischen Versorgung entlassen werden.
Beispiele für das Einbauen der Elternarbeit in die Therapie sind:
- das Aufklären über sprachförderliche Maßnahmen
- die Information über das Korrekturverhalten der Eltern und
- der Abbau von Verunsicherungen gegenüber dem Störungsbild ihres Kindes
Sprachförderliche Maßnahmen für Eltern
Beispiele für Elterntipps, die sprachförderlich wirken, sind:
- Nutzung von Gestik, Mimik
- Nutzung von Prosodie und Pausensetzung
- Erhöhung der Inputfrequenz durch häufige Wiederholungen
- Anwendung von Fragestrategien als Sprechmotivation
- Nutzung von Lob und Nachfragen zur Korrektur sprachlicher Äußerungen
Zusätzlich können Eltern durch die ausführliche Anleitung zu logopädischen Hausaufgaben co-therapeutisch tätig werden. Dadurch kann die Therapieintensität erhöht werden, was positive Auswirkungen auf den Therapieerfolg sowie die Dauer der Therapie haben kann. Eltern werden dabei über das Störungsbild ihrer Kinder umfassend und Eltern gerecht informiert und dazu motiviert, eigene Problemlösestrategien zu entwickeln und einzusetzen.
Vor Einführung der Elternarbeit in die Therapie ist es wichtig, dass Eltern die Problematik ihrer Kinder erkennen. Auch müssen sie Veränderungen eingehen wollen und sie in ihren Alltag integrieren können. Hier können Familien mit einnehmenden Arbeitszeiten, alleinerziehende Eltern oder Eltern in unteren Bildungsschichten Schwierigkeiten zeigen.
Elternarbeit in der Wartezeit
Die positiven Aspekte der Elternarbeit bringen ein Problem mit sich: Eltern müssen fachlich angeleitet werden. Durch die oben erwähnte lange Wartezeit in Deutschland ist das nicht immer möglich. Um dem entgegenzuwirken, entwickeln mein Team und ich die App Sprachspatz.
Sprachspatz bietet Eltern individuelle Übungen und Anleitungen für das Störungsbild ihrer Kinder. Wir legen einen hohen Wert auf Elterninformation und die Anleitung zur erfolgreichen Elternarbeit im Alltag, bevor die Therapie beginnt. Das funktioniert vor allem durch unsere Mischung von digitalen Übungen in der App und analogen Übungen, die abseits des Handys durchgeführt werden.
So unterstützen wir beispielsweise beim Spielen, im Urlaub, beim Spazierengehen oder beim Zubettgehen. Als Logopäd:innen bietet die Nutzung von Sprachspatz außerdem den Vorteil, dass Familien informiert in die Therapie starten und auf das häusliche Üben vorbereitet sind. Sie haben gelernt, Sprachförderung aktiv in ihren Alltag zu integrieren.
Studien und Praxiserfahrungen zeigen, dass eine aktive Mitarbeit der Eltern:
- zum Therapieerfolg beitragen kann
- die Übungsfrequenz erhöht
- Eltern zu Expert:innen für das Störungsbild ihrer Kinder macht
Sprachspatz erleichtert den Einstieg in die Elternarbeit für Eltern sowie Therapeut:innen und macht Familien zu kompetenten Partner:innen für die logopädische Therapie.
Bald könnt ihr Sprachspatz testen und uns euer Feedback geben – damit Sprachförderung in der Wartezeit für Familien noch besser gelingt. Ihr erreicht uns über unsere Website: https://www.sprachspatz.com/.
Josefin Krone
Nach ihrer Ausbildung zur Logopädin im Jahr 2020 begann sie ihr Bachelorstudium in der Logopädie, das sie 2024 erfolgreich abschloss. In ihrer Bachelorarbeit beschäftigte sie sich mit dem Thema Wartezeit in der Logopädie und vertiefte dabei ihr Interesse an der Unterstützung von Familien in dieser Zeit. Um dieses Ziel weiterzuverfolgen, startete sie im April 2024 ihre Arbeit an Sprachspatz. Gemeinsam mit ihrem inzwischen dreiköpfigen Team setzt sie sich dafür ein, Sprachförderung direkt in den Alltag von förderbedürftigen Kindern zu integrieren. Seit September 2025 wird das Sprachspatz-Team durch das EXIST-Gründerstipendium staatlich gefördert.
Literatur:
Buschmann, A. (2017). Heidelberger Elterntraining frühe Sprachförderung: HET Late Talkers (3. Aufl.). Elsevier.
Möller, D., & Spreen-Rauscher, M. (2009). Frühe Sprachintervention mit Eltern: Schritte in den Dialog. Thieme.