Orale Restriktionen in der Logopädie – ein Interview mit Sprachtherapeutin Michaela Dreißig

Orale Restriktionen in der Logopädie – ein Interview mit Sprachtherapeutin Michaela Dreißig - TherAkademie

Hallo Michaela! Bei TherAkademie bietest du eine Fortbildung zum verkürzten Zungenband in der Logopädie an. Die oralen Restriktionen werden oft als Modeerscheinung gesehen. Warum ist das deines Erachtens so?


Die Problematik zu kurzer Zungenbänder ist schon ganz lang bekannt. Das erste Mal wurde es von Aristoteles 300 v. Chr. erwähnt. Um eine Modeerscheinung handelt sich also keinesfalls. Ich denke, dass wir das Thema in den letzten Jahren wieder entdeckt haben, da wir zum Einen ein besseres Verständnis über Züge, Spannungen und deren Auswirkungen auf unseren Körper haben. Stichwort: Faszienverbindungen. Zum Anderen hatten wir in den letzten Jahrzehnten einen großen Wandel in der Medizin, Geburtshilfe und durch die Erfindung der Formulanahrung auch der Ernährung von Säuglingen. Stillen stand nicht im Vordergrund. Da wir genau hier aber häufig die ersten Hinweise bei zu kurzen Zungenbändern finden, wurde das Thema vielleicht auch deshalb eher in den Hintergrund gerückt. 


Welche typischen Herausforderungen in der Logopädie können mit einem zu kurzen Zungenband zusammenhängen?

Die Herausforderungen sind sehr individuell und häufig treten nicht alle Schwierigkeiten bei einer Person gleichzeitig auf. Grundsätzlich können sie aber ein Vielzahl an Herausforderungen mit sich bringen und betreffen auch alle Alterspannen. Die Auffälligkeiten wachsen sich also nicht einfach so aus. Es können Ernährungsschwierigkeiten, z.B. beim Saugen (an Brust oder Flasche), die Kauentwicklung, die Essensentwicklung ganz allgemein, aber auch die Zungenruhelage, das Schluckmuster, die Artikulation oder aufgrund von Ursachenketten, die Sprachentwicklung ganz allgemein betroffen sein. Bei Erwachsenen finden wir häufig auch Kiefergelenksproblematiken, Verspannungen usw. 


Du hast einen Wunsch frei, was sich in der Sprachtherapie ändern soll. Was wäre das?

Ich würde mir wünschen, dass unserem Beruf mehr (auch finanzielle) Wertschätzung entgegengebracht würde. Wir begleiten Menschen von Geburt an in Bezug auf viele wichtige Basisfähigkeiten, wie Saugen, Essen, Schlucken, Sprache und Sprechen. Für viele bedeutet es einen Mehrwert an Lebensqualität, wenn Sie bei Bedarf logopädische Therapie erhalten.


Vielen Dank für das Interview, liebe Michaela!

Michaela Dreißig ist akademische Sprachtherapeutin (M.A.) und Still- und Laktationsberaterin IBCLC. In ihrer logopädischen Arbeit sind ihre Schwerpunktthemen orofaziale Dysfunktionen, Schluck- und Fütterstörungen, restriktives Essverhalten/ARFID im Säuglings- und Kindesalter sowie orale Restriktionen. Ihre nächste Fortbildung bei TherAkademie findest du hier.

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